Wittenberge blüht auf
aber das natürliche Leben geht weiter ein
In Städten wie Wittenberge wächst schon lange nichts mehr von selbst. Hier gedeiht fast ausschließlich, was vorher langwierig beantragt, beschieden, begutachtet, genehmigt und mit (EU-)Fördermitteln künstlich bepflanzt wurde.
- Natürliche Entwicklungen? Fehlanzeige.
- Eigeninitiative? Nur, wenn sie ins Förderkonzept passt.
- Zukunft? Ja – aber bitte erst nach Antragsprüfung.
Willkommen in der verwaltungstechnisch beatmeten Lebensrealität strukturschwacher Regionen.
Wittenberge ist ein Paradebeispiel für diese Fördertopf-Republik: Fast jeder zweite Job im städtischen Umfeld ist in irgendeiner Form subventioniert. Projekte entstehen nicht, weil sie gebraucht werden – sondern weil sie auf irgendein Förderprogramm passen.
Und wo Abhängigkeit regiert, hat Veränderung Hausverbot. Kritik gilt als Nestbeschmutzung. Und wer wagt, unbequem zu denken, wird schnell als Störfaktor bzw. Störenfried aussortiert.1Zuerst auf Basis einer „unbewussten kollektiven Verabredung“, die aber mit der Zeit – auch auf Basis des „Familienbeschützer-Reflexes“ – in eine immer „bewusstere kollektive Abwehr“ des Störenfrieds übergeht. Man fängt z. B. an, sich in Bezug auf den Störenfried gegenseitig zu warnen. Psychologische Stichpunkte sind dabei: Konformitätsdruck / Gruppenzwang, Sündenbockmechanismus, soziale Immunreaktion, Systemerhaltungsreflex, implizite Gruppennormen, psychologische Ingroup/Outgroup-Dynamiken
Man lebt im Prinzip von Geld, das man sich gegenseitig im Kreis zuschiebt – mit einer Verwaltung, die mehr Zeit in die Dokumentation der Wirkungslosigkeit steckt als in die Lösung echter Probleme. Und dann – mitten hinein in diesen verwelkten Zukunftsgarten – pflanzt man: die Landesgartenschau (LAGA) 2027.
Ein Projekt, das vor allem eines ist: Eine kollektive Selbsttäuschung mit Blümchenmuster. Denn mal ehrlich: Wer freut sich hier eigentlich?
- Nicht der Mensch im (Armuts-)Rentenalter, dem die finanzielle Aufstockung gerade so zum Überleben reicht – aber nicht für ein Leben in Würde, geschweige denn für echte soziokulturelle Teilhabe.
- Nicht die völlig unterbezahlte „Warenregaleinräumfachkraft für Konzernprodukte mit Kassenbedienungserlaubnis“ als „Niedriglohnbefehlsempfänger:in für marktwirtschaftliche Ordnung im Warenfluss“ bei Aldi, Netto, Lidl und Co., die kaum ihre Stromkosten und Heizkosten bzw. überhaupt ihre Lebenshaltungskosten bezahlen kann.
- Nicht der junge Mensch, der nach der Schule in einem Förderprojekt landet, in dem er noch weniger verdient als ein Wackeldackel auf dem Armaturenbrett.
- Und auch nicht die überforderten Pflegekräfte, die das “Pflegezentrum der Zukunft” mit unterbezahlter Gegenwart füllen sollen.
NEIN – freuen tun sich in erster Linie die Stadtväter und Stadtväterinnen, ihre Pressesprecher und der lokale Betonadel, der die nächste Umgestaltung schon in der Schublade hat. Sie sonnen sich im Glanz ihrer Hochbeete, schneiden Bänder durch und lassen sich zwischen Hortensien und Imagebroschüren ablichten – während die reale Stadt langsam aber sicher zu einer museal inszenierten Förderlandschaft verkommt.
Das Ganze nennt man dann “strukturelle Entwicklung” – und meint damit in Wahrheit ein strukturell gepflegtes Vermeiden von echter Veränderung. Die Landesgartenschau wird gefeiert wie ein zweiter Frühling – dabei steht die Stadt demografisch längst im Spätherbst. Die Häuser sind leer, viele Herzen auch. Die Fenster frisch gestrichen – aber was nützt frische Farbe, wenn dahinter kein (natürliches) Leben mehr ist?
Wittenberge ist überaltert2In Wittenberge hat man ständig das Gefühl, in einem „Freiluftaltersheim“ mit zutiefst gefrusteten Rentnern zu leben., ausgeblutet, ausgefördert. Aber man freut sich auf Besucherzahlen und Eventmomente – wie ein chronisch Kranker, der sich auf den nächsten Arztbesuch freut, weil man dann wenigstens mal wieder mit jemandem reden kann.
Und dann wird die Gartenschau vorbei sein – und Wittenberge bleibt zurück. Mit ein paar neuen Wegen, ein paar teuren Kunstwerken im Kreisverkehr und einer Handvoll Arbeitsverträge mit Ablaufdatum.
Was bleibt, ist der Frust
und das nächste Förderprogramm.
> > > Über diesen Link kann das aufblühende Pamphlet auch als PDF-Datei herunter geladen werden.
Ich SCHREIE
…nicht mehr leise in mich hinein!
Sondern…
Kontere das, was mich kleinhalten will!
Dreh den Spieß um – mit Haltung!
Durchkreuze das Spiel der Täuschung!
Entlarve das, was mich entwerten will!
Ludi incipiant!: Lasset die — gesellschafts-polit-therapeutischen — Spiele beginnen!…
Komm(t) auf die (kunter-)bunte Seite der Macht!
Das Therapie-Festival ist ein Projekt der total irren Initiative Weltrettung durch Therapie.
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